News

Marc Willich über Digitalisierung im Infrastrukturkontext

16.09.2024 – 07:16

Im Interview erläutert Marc Willich, Chief Digital Officer der DB E&C, seinen Weg von der Ingenieurarbeit zur Digitalisierung und gibt Einblicke in die Chancen, Herausforderungen und Zukunftstrends der Branche.

Digitalisierung: Porträt von Marc Willich
Marc Willich, Chief Digital Officer der DB E&C

Kontakt

DB Engineering & Consulting

Team Marketing & Kommunikation
DB Engineering & Consulting
EUREF-Campus 14
10829 Berlin
Deutschland
E-Mail

1. Wie ist Ihr persönlicher beruflicher Werdegang zu Ihrer Position, in der Sie jetzt sind? Dazu vielleicht zwei Unterfragen: Wie sind Sie zur DB E&C gekommen? Und wie wird man Chief Digital Officer? Und was schätzen Sie daran?

„Mein Weg zum Chief Digital Officer bei der DB E&C war eine abwechslungsreiche Reise. Als Bauingenieur, ausgebildet an der TU Braunschweig, startete ich vor über 20 Jahren bei der Deutschen Bahn. Anfangs arbeitete ich im Technischen Büro der DB Netz AG in Karlsruhe und entwickelte mich dann über verschiedene Positionen weiter. 

Ein Meilenstein war meine Verantwortung für Großprojekte bei DB Station&Service AG im Südwesten Deutschlands. Der Ruf nach Berlin folgte, wo ich unterschiedliche, große Bauprogramme initiierte, darunter die brandschutztechnische Ertüchtigung aller Bahnhöfe, ein Projekt mit einem Volumen von einer halben Milliarde Euro.

Diese Erfahrungen führten mich zur Digitalisierung. Ich erkannte, dass viele unserer Tätigkeiten sich wiederholten und nach Standardisierung und Automatisierung verlangten. 2018 wechselte ich zur DB E&C, um zunächst die BIM-Implementierung zu leiten. Bald darauf übernahm ich gemeinsam mit einer größeren Gruppe Mitarbeitender auch die Entwicklung der Digitalisierungsstrategie im Rahmen des Unternehmensprogramms ‚Tuning‘. 

Meine heutige Position als Chief Digital Officer ist das Ergebnis dieser Entwicklung. Was ich besonders daran schätze? Die Möglichkeit, innovative Lösungen zu entwickeln, die unsere Arbeit effizienter gestalten und einen echten Mehrwert für das Unternehmen und unsere Kund:innen schaffen.“ 

2. Schön, dann sind Sie ja Bahner durch und durch. Was glauben Sie, was das Arbeiten im Digitalisierungsbereich bei der DB E&C von anderen Unternehmen unterscheidet?

„Als ‚Kind der Infrastruktur‘ schätze ich besonders die Dynamik bei der DB E&C. Die DB E&C ist zwar Teil eines Großkonzerns, zeichnet sich allerdings durch ihre Flexibilität und flachen Hierarchien aus. Wir haben vergleichsweise kurze Abstimmungswege. Das macht es gerade in einem innovativen Bereich wie der Digitalisierung deutlich einfacher, Ideen umzusetzen.  

Unsere Position ist einzigartig: Einerseits sind wir Dienstleister für den DB-Konzern, andererseits agieren wir im internationalen Geschäft mit einem breiten Produktportfolio. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in unserer interkulturellen Zusammenarbeit wider. 

Trotz der Herausforderungen als Wettbewerber im Markt finden wir hier die idealen Voraussetzungen, um unsere Ideen in die Tat umzusetzen. Diese Kombination aus Flexibilität, internationaler Ausrichtung und Innovationskraft macht die Arbeit im Digitalisierungsbereich der DB E&C so besonders.“ 

3. KI ist im Moment ein großes Thema. Was sind aktuelle Trends oder Stellschrauben, die Sie in Ihrer Arbeit beeinflussen oder die Sie vielleicht auch einbringen wollen?

„KI ist zweifellos ein Trendthema, aber für uns weit mehr als nur ein Buzzword. Als Teil des DB-Konzerns mussten wir uns zusammen mit den anderen Konzernunternehmen intensiv mit den rechtlichen Implikationen, insbesondere dem EU AI Act, auseinandersetzen. Dies hat unseren Ansatz zur Einführung generativer KI etwas verzögert, aber wir sind bald bereit, sie kontrolliert einzuführen. 

Tatsächlich arbeiten wir jedoch schon länger mit verschiedenen KI-Technologien. Im Bereich Computer Vision nutzen wir KI erfolgreich zur Bilderkennung und Objektidentifizierung im Fahrweg. Auch bei der Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung, etwa beim Unkenntlichmachen von Personen oder Kennzeichen in Scan-Daten, setzen wir auf KI-Lösungen.

Unser Ansatz zur Implementierung von KI, insbesondere generativer KI, folgt zwei Hauptsträngen: 

Erstens schaffen wir die notwendigen Rahmenbedingungen im Unternehmen. Das umfasst rechtliche Aspekte, Mitbestimmung, technische Voraussetzungen und Change Management. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Mitarbeiter:innen befähigt sind, die Chancen der KI zu nutzen und gleichzeitig die Risiken zu verstehen.

Zweitens identifizieren wir konkrete Anwendungsfelder für KI in unseren Produktionsabläufen. Wir haben potenzielle Einsatzgebiete gesammelt, strukturiert und priorisiert, sodass wir bei Freigabe der Nutzung generativen KI schnell in die Umsetzung gehen können. 

Diese zweigleisige Strategie ermöglicht es uns, KI sowohl verantwortungsvoll als auch effizient in unsere Arbeitsprozesse zu integrieren. Es ist eine spannende Aufgabe, die das Potenzial hat, unsere Arbeitsweise grundlegend zu verändern und zu verbessern.“

4. Haben Sie jemals bewusst wahrgenommen, dass Ihre Arbeit durch rechtliche Rahmenbedingungen oder technologische Entwicklungen in kurzer Zeit komplexer wurde?

„Die Auseinandersetzung mit rechtlichen Rahmenbedingungen und technologischen Entwicklungen ist in unserem Bereich tatsächlich Alltag. Als Ingenieur und Projektmanager bin ich es gewohnt, mich in einem Netz aus Gesetzen, technischen Vorgaben und Normen zu bewegen. Das war schon bei meiner Arbeit für das Projekt Stuttgart 21 so und zieht sich durch meine gesamte Karriere. 

In den letzten zehn Jahren beobachte ich allerdings einen Trend zu immer detaillierteren und umfangreicheren Vorgaben. Das resultiert oft daraus, dass mehr Interessengruppen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Der Versuch, allen Meinungen gerecht zu werden, führt zwangsläufig zu komplizierteren Gesetzen und Vorschriften. 

Manchmal frage ich mich als Bürger, ob diese zunehmende Regelungsdichte noch zielführend ist. Allerdings ist das wohl der Preis für eine breitere Beteiligung und den Versuch, möglichst viele Aspekte zu berücksichtigen. 

Insgesamt würde ich sagen, wir bewegen uns noch im Bereich des ‚Business as usual‘, allerdings mit einer deutlichen Tendenz zur erhöhten Kompliziertheit. Von echter Komplexität würde ich noch nicht sprechen, aber die Anforderungen an uns steigen definitiv. Es bleibt eine ständige Herausforderung, all diese Aspekte in unserer täglichen Arbeit zu berücksichtigen und dabei trotzdem effizient und innovativ zu bleiben.“ 

5. Was sollten Bewerber:innen Ihrer Meinung nach mitbringen, wenn sie im Digitalisierungsbereich arbeiten wollen? Was ist für Sie besonders wichtig, damit eine Person gut ins Team und gut in die Arbeitssituation passt?

„Für unser Team im Digitalisierungsbereich suchen wir eine Kombination aus Fachwissen und Verständnis für unser Kerngeschäft. Ideale Kandidat:innen haben eine Art ‚hybride Kompetenz‘ – sie verstehen sowohl die technische Seite als auch die Sprache unserer Kund:innen im Unternehmen. 

Wir als Digitalisierer konzentrieren uns weniger auf die technische Infrastruktur, sondern vielmehr auf die Fertigungskette und Prozesse. Unsere Aufgabe ist es, Herausforderungen und Problemstellungen in technische Lösungen zu übersetzen. Daher ist ein Grundverständnis beider Welten – IT und Ingenieurwesen – entscheidend, besonders für diejenigen, die direkt mit Kund:innen arbeiten. 

Natürlich haben wir auch Spezialist:innen für Programmierung und Expert:innen für Themen wie KI oder Datenmanagement. Hier zählt vor allem die fachliche Expertise. 

Was Bewerber:innen generell mitbringen sollten? Interesse an Leistungen und Produkten unseres Unternehmens und den Menschen, die diese erbringen, Neugier auf neue Technologien und die Fähigkeit, diese für die Arbeiten in unserem Unternehmen nutzbar zu machen. Wir bieten spannende Aufgaben in einem Team von engagierten Mitarbeitenden, die offen sind und Spaß daran haben, Lösungen zu entwickeln. 

Ein besonderer Vorteil bei uns ist die enge Zusammenarbeit mit der Produktion. Wir sind nicht auf unser eigenes Team beschränkt, sondern nutzen die Fähigkeiten der gesamten Firma – also von den fast 7000 Mitarbeitenden der DB E.C.O. Group inkl. der internationalen Expertise aus unseren Design-Centern und „Schwestergesellschaften“. Diese Vielfalt ermöglicht es uns, Technologien aus verschiedenen Bereichen in unser Kerngeschäft zu übertragen. 

Es macht unglaublich viel Spaß, auf diese Weise quasi unbegrenzte Möglichkeiten zu haben. Es ist, als hätte man einen riesigen Supermarkt zur Verfügung, in dem man frei wählen kann, was man für sein ‚Projekt-Menü‘ benötigt. Diese Vielfalt an Ressourcen und Kompetenzen macht unsere Arbeit besonders spannend, effektiv und abwechslungsreich.“ 

Background image - hands typing on keyboard Background image - hands typing on keyboard
Verpassen Sie keine aktuellen News! Folgen Sie uns