2019 wurde die DB Engineering & Consulting mit der Erstellung einer detaillierten Planung für den lettischen Rail-Baltica-Abschnitt Vangazi – Salaspils – Misa beauftragt. Seitdem machen die Planungen an der Hochgeschwindigkeitsstrecke gute Fortschritte und das Projekt ist in die nächste Planungsphase eingetreten.
Die Rail Baltica ist eine 870 km lange Neubaustrecke für den Hochgeschwindigkeitsverkehr mit einer Spurweite von 1435 mm zur Anbindung der drei baltischen Staaten an das mitteleuropäische Schienennetz.
Der 70 km lange Streckenabschnitt Vangazi – Salaspils – Misa umfasst auch eine 1,1 km lange Brücke über die Daugava bei Riga. Im Sommer 2020 prüfte das lettische Verkehrsministerium Optionen zur Erweiterung des Auftragsumfangs im Hinblick auf eine Änderung der ursprünglichen Planung von einer reinen Eisenbahnbrücke hin zu einer kombinierten Straßen- und Eisenbahnbrücke.
Untersuchungen in dieser Richtung waren bereits in früheren Projektphasen angestellt worden. Die DB Engineering & Consulting war von Beginn an eingebunden, prüfte die grundsätzliche Machbarkeit und untersuchte, welche technischen Lösungen für eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke über die Daugava am besten geeignet wären. Die Entscheidung fiel schließlich zugunsten der empfohlenen Variante, einer Verlängerung der A4 auf dem Oberdeck und der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke auf der unteren Ebene (Variante B).
Auf Grundlage der von der DB Engineering & Consulting in Zusammenarbeit mit Egis und Olimps während der Value-Engineering-Phase erarbeiteten Varianten entschied sich das lettische Verkehrsministerium Ende 2020 für die Variante, die die Planung einer kombinierten Straßen- und Eisenbahnbrücke sowie der Junction A4/A6 nördlich der Daugava und der Anbindung A4/P85 südlich des Flusses vorsieht.
Diese beeindruckende Brücke mit Wahrzeichencharakter – weltweit gibt es nur vier weitere Brücken, auf denen die Fahrwege für eine Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke und eine Autobahn kombiniert sind – wird eines der komplexesten Ingenieurbauwerke im Baltikum und auf der Rail Baltica sein.
Dabei wird die Eisenbahnstrecke auf der unteren Ebene, etwa 12 Meter über dem Wasserspiegel geführt und die Autobahn mit zwei Fahrspuren pro Richtung auf dem Oberdeck in einer Höhe von 22 Metern über dem Fluss. Insgesamt hat die Brücke acht Brückenfelder von je 150 m Länge. Im Projektmanagementteam ist von Auftraggeberseite im Auftrag des lettischen Verkehrsministeriums nicht nur das Rail Baltica Joint Venture RB Rail AS vertreten, sondern auch Latvijas Valsts ceļi, kurz LVC, die für den Bau und Betrieb des lettischen Staatsstraßennetzes verantwortliche staatseigene Gesellschaft. Finanziert werden die Arbeiten aus Mitteln der Connecting Europe Facility (CEF) und des lettischen Staatshaushalts.
Groß angelegte Reihe geologischer Untersuchungen gestartet
Inzwischen hat die DB Engineering & Consulting die konzeptionelle Planung der kombinierten Brücke abgeschlossen und die Ausgestaltungsgrundsätze definiert. Um weitere Daten für die bauliche Planung zu erhalten, wurden im Sommer 2021 die geologischen Untersuchungen des Flussbetts eingeleitet. Dazu wurde eine 25 m x 25 m große Plattform gebaut, um von dort aus die Bohrungen im Untergrund für die acht geplanten Brückenpfeiler im Fluss durchführen zu können.
Mithilfe der Plattform konnte das Bohrteam das Bohrgerät sicher und genau in der richtigen Position halten. Zur Fixierung und um die Lagestabilität der Plattform auch bei starkem Wind zu gewährleisten, wurden die Stützen an den vier Ecken der Plattform im Flussgrund versenkt.
Da in dem Abschnitt der Daugava, in dem die Untersuchungen durchgeführt werden, noch mit Kampfmitteln aus dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg zu rechnen ist, nahm ein Team von Spezialtauchern der lettischen Marine vor Beginn der geologischen Untersuchungen eine Sicht- und Sonaruntersuchung des Flussbetts vor.
Insgesamt wurden acht Stellen im Fluss untersucht. Dazu bohrte das Team je nach Bodenbeschaffenheit bis in eine Tiefe von 35-50 m unter dem Flussbett, entnahm mehrere Proben und untersuchte sie im Labor. Die Daugava selbst ist bis zu 22 m tief.
Um die besten Untersuchungsergebnisse zu erzielen, kombiniert die DB Engineering & Consulting das technische Know-how des Bohrteams vor Ort mit der Fachkompetenz und Erfahrung im Bereich der geotechnischen Fachbauüberwachung auf deutscher Seite. Die Untersuchungen in der Daugava wurden Ende 2021 erfolgreich abgeschlossen. Derzeit werden die Bodenproben labortechnisch untersucht.
Die Ergebnisse der Untersuchungen und Labortests werden dem Team wertvolle Hinweise für die Planung und für die Entwicklung der geeignetsten konstruktiven Lösung liefern.
Großprojekt voller Herausforderungen
Neben der kombinierten Straßen- und Eisenbahnbrücke und den beiden Junctions umfasst der Streckenabschnitt Vangazi – Salaspils – Misa:
- 29 Eisenbahnbrücken
- 15 Straßenüberführungen
- 2 größere Gleisdreiecke
- 4 Wildbrücken
- 5 Umtrassierungen bestehender Hochdruck-Gasleitungen
- 4 Umtrassierungen bestehender Hochspannungsleitungen
- und die Anbindung an den Umschlagterminal Salaspils; all das macht diesen Streckenabschnitt zu einem der zehn anspruchsvollsten Planungsabschnitte auf der Hauptstrecke der Rail Baltica.
Zu der reinen Anzahl und Komplexität der Bauwerke kommen als weitere Herausforderungen die mangelnde Stabilität des Untergrunds und die Lage in dichtbewaldeten Gebieten und Bruchwäldern hinzu. Dies erschwert den Zugang mit schwerem Gerät.
Wegen der besonderen geologischen Verhältnisse in bestimmten Bereichen des Planungsabschnitts hat sich die DB Engineering & Consulting zur Durchführung zusätzlicher geophysikalischer Erkundungsarbeiten entschlossen, um das Risiko unentdeckter Karsthohlräume zu begrenzen. Diese könnten später zu Sinkhöhlen entlang der Bahnstrecke führen und die Sicherheit des Bahnbetriebs erheblich gefährden.
Für diese geophysikalischen Untersuchungen wurden Dioden in die obere Bodenschicht eingeführt und der elektrische Widerstand der darunter liegenden Schichten in einer Tiefe von bis zu 30 m gemessen. Anhand der Untersuchungsergebnisse kann ein 2D-Längsschnitt der darunter liegenden Schichten erstellt werden, der Aufschluss über den elektrischen Widerstand bestimmter Bodenbereiche gibt. Zusammen mit den Ergebnissen der Bohrungen können so die Standorte für weiterführende Untersuchungen weiter eingegrenzt und das Risiko unentdeckter Karsthohlräume minimiert werden.
Im Rahmen des Projekts werden für die geologischen Untersuchungen auf diesem Abschnitt der Hauptstrecke der Rail Baltica Bohrungen auf einer Gesamtlänge von ca. 14.800 m durchgeführt. Auf der Grundlage aller angestellten Untersuchungen kann das Planungsteam dann seine konstruktiven Lösungen weiterentwickeln und verfeinern und so die wirtschaftlichste und technisch am besten geeignete Option für die künftigen Bauarbeiten gewährleisten. Um die Koordination zwischen allen an der Planung beteiligten Fachgewerken und sonstigen Stakeholdern sicherzustellen, findet die Planung modellbasiert unter Einsatz von Building Information Modelling (BIM) statt.
Dies ermöglicht effektive und transparente Virtual Design Reviews und Prüfungen der Schnittstellen zwischen den beteiligten Fachgewerken, die Koordination aller Stakeholder sowie Bauablaufplanung und Kostencontrolling während der Bauphase.
Kontakt
DB Engineering & Consulting
EUREF-Campus 14
10829 Berlin
Deutschland